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ADHS kommt selten allein, darüber ist sich die Wissenschaft mittlerweile einig. Patienten, die eine ADHS-Diagnose erhalten, leiden fast immer auch unter ADHS Begleitstörungen, die nicht selten lange unentdeckt bleiben. Vielleicht hatten auch Sie einen langen Leidensweg, bis Sie Ihre ADHS-Diagnose erhalten haben.

Noch länger dauert es häufig, bis Begleitstörungen diagnostiziert und behandelt werden. Um ADHS erfolgreich zu therapieren, ist es allerdings unbedingt notwendig, dass Mediziner Begleitstörungen entdecken und in die Behandlung einschließen. Welche ADHS Begleitstörungen es gibt, die oftmals lange im Verborgenen bleiben, aber das Leben der Patienten deutlich erschweren, erfahren Sie hier.

Zwangsstörungen

Einige Diagnosen, die mit der Aufmerksamkeitsdefizitstörung (ADHS oder ADS) einhergehen, sind schwieriger zu stellen als andere. Auf den ersten Blick scheinen ADHS und Zwangsstörungen komplette Gegensätze zu sein. Betroffene von ADHS haben fast immer Schwierigkeiten damit, Dinge in Ordnung zu halten, sich zu konzentrieren und zu organisieren.

Begleiterscheinungen von ADHS

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Bei Zwangsstörungen hingegen dreht sich alles um obsessive Kontrolle. Die Zwänge können sich dabei ganz unterschiedlich äußern. Von Sauberkeitszwang bis Kontrollzwang beim Essen und in zwischenmenschlichen Beziehungen, ist alles möglich, auch in Kombination. Kein Wunder also, dass viele glauben, dass ADHS und Zwangsstörungen können nicht zusammen auftreten. Und in der Tat, Zwangsstörungen sind nicht die häufigste Begleiterscheinung von ADHS, aber sie kommen viel öfter vor als allgemein angenommen wird.

Viele ADHS Patienten befinden sich im Autismus-Spektrum. Gerade bei Frauen wird das selten erkannt. Der ängstliche Perfektionismus, den einige ADHSler zeigen, kann auch Teil einer Zwangsstörung sein, die oft Menschen im Spektrum betrifft. Gleiches gilt für die typische Zappeligkeit und Hyperaktivität bei ADHS.

Ordnungszwang – Wenn Ordnung zwanghafte Züge annimmt

Eines der Kernsymptome von ADHS ist es, dass Betroffene Schwierigkeiten damit haben, Ordnung zu halten. Wäscheberge sammeln sich, Dokumente gehen verloren und das Ausfüllen von Behördenformularen scheint eine unlösbare Aufgabe zu sein. Wenn Sie selbst von ADHS betroffen sind, kennen Sie das vielleicht. Egal wie sehr Sie sich bemühen, das Chaos scheint Sie zu verfolgen. Gerade bei nicht Diagnostizierten und Menschen, die ihre Diagnose spät im Leben erhalten haben, ziehen sich „Unordnung“ und Chaos wie ein roter Faden durch das gesamte Leben.

Druck durch die Gesellschaft

Unsere Gesellschaft kennt bei Unordnung allerdings kaum Toleranz. Schon von klein auf treffen die meisten an ADHS Erkrankten auf Unverständnis bei ihren Mitmenschen und oft auch auf Ablehnung. Das kann schon im Kindergarten oder der Grundschule beginnen und reicht bis hin ins Erwachsenenleben.

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Die negativen Rückmeldungen anderer auf ihr Anderssein erleben ADHSler als großen Stress. Gerade als Kind fehlt die Möglichkeit, die negativen Emotionen, die daraus entstehen, zu kompensieren. Bis zu ihrer Diagnose wissen ADHS Patienten nicht, warum sie anders sind und das kann zu einer Vielzahl von psychosomatischen Beschwerden führen.

Überkompensation

Das Gefühl des Kontrollverlusts und der Unfähigkeit „Ordnung in ihr Leben“ zu bringen, führt bei einigen ADHS Patienten zu einem Ordnungszwang. Die Angst vor dem Chaos wird überkompensiert und artet in Zwang aus. Da sich viele ADHSler trotzdem nicht in der Lage sehen selbst Ordnung zu halten, versuchen sie nicht selten eine Reinigungsfirma zu beauftragen, um ihren Ordnungszwang zu befriedigen. Von Erfolg gekrönt ist das Engagieren einer Reinigungsfirma nicht, denn die eigentlichen Ursachen für den Ordnungszwang gehen viel tiefer.

Es ist der Kontrollverlust, der den Betroffenen am meisten zu schaffen macht. Haben sie in ihrem Leben doch immer wieder erlebt, dass die scheinbar fehlende Kontrolle schmerzhafte Konsequenzen hat. Verzweifelt versuchen Menschen mit krankhaften Zwängen ihr Bedürfnis nach Kontrolle zu erfüllen, ohne dabei die Ursachen anzupacken, und ohne die Störung mit den passenden Mitteln anzugehen.

Sammelzwang – Nichts loslassen können

Genauso häufig wie ein Ordnungszwang kann ein Sammelzwang Begleiterscheinung von ADHS sein. ADHS ist durch eine erhöhte Sensibilität charakterisiert, die dazu führt, dass ADHSler Emotionen stärker fühlen als neurotypische Personen. Die erhöhte Sensibilität ist, wie ADHS selbst, oft auf eine genetische Veranlagung zurückzuführen und kann positiv sein. Völlig unreguliert wird die hohe Sensibilität jedoch oft zur Belastung.

Emotionale Bindung

Trennungsschmerz wird stärker wahrgenommen und kann sich sogar auf Dinge ausweiten. Gegenstände, die Betroffene sammeln, geben ihnen ein Gefühl der Sicherheit und Vertrautheit. Sie binden sich emotional an Dinge. Bis zu einem gewissen Grad ist das normal. Handelt es sich aber um alltägliche Gegenstände, die bei gesunden Menschen kein Bedürfnis zum Horten auslösen, wird das Sammeln zum Problem.

Hypersensibilität

Hinzu kommt: Entscheidungen treffen fällt Menschen mit ADHS fast immer schwer. Was sollte ich behalten und was kann weg? Diese Frage mischt sich mit komplizierten Emotionen, wie Trennungsangst, Hypersensibilität und Zwängen, wie einem Kontrollzwang. Dinge wegwerfen löst bei Menschen mit ADHS, die einen Sammelzwang als Begleiterscheinung haben, viele komplexe und negative Gefühle aus. Verfestigt sich die Zwangsstörung, ist sie auch oft Ursache für andere, psychische Beschwerden. Betroffene, die scheinbar wahllos Dinge horten, leiden unter Angst und insbesondere einem Gefühl ganz intensiv: der Scham.

Isolation

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Nicht selten kommt es vor, dass ADHSler mit Sammelzwang selbst nächste Angehörige nicht mehr in ihr Haus lassen und sich gleichzeitig völlig von der Außenwelt zurückziehen. Sie sitzen fast nur noch zu Hause und horten immer weiter. Außenstehende nehmen das Zuhause der Betroffenen als “Messibude“ wahr und lassen das die Betroffenen auch oft wissen. Das führt dazu, dass die Scham immer größer wird und der Rückzug immer drastischer.

Häufig wird Menschen mit Sammelzwang nahegelegt, einen Experten zu beauftragen, der bei ihnen zu Hause „Klarschiff“ macht und anschließend einfach aufzuhören unsinnige Dinge anzusammeln. Menschen mit Sammelzwang versetzen diese gutgemeinten Ratschläge in Panik und geholfen ist ihnen damit nicht. Wie alle Zwänge braucht der Sammelzwang eine Therapie, die den Ursachen auf den Grund geht. Handelt es sich um eine der ADHS Begleitstörungen, muss beides behandelt werden, mit ganzheitlichem Ansatz.

Was sind die Ursachen für eine Zwangsstörung?

Trotz einer Reihe von Theorien und umfangreicher Forschung konnten Wissenschaftler bisher keine endgültige Ursache dafür ausmachen, warum eine Person eine Zwangsstörung entwickelt.

Was die bisherigen Forschungsergebnisse jedoch zeigen, ist, dass eine Kombination aus verschiedenen Faktoren am wahrscheinlichsten ist. Neurobiologie, genetische Veranlagung und erlernte Verhaltensweisen, tragen maßgeblich zur Entwicklung bei. Aber auch eine Schwangerschaft, Umweltfaktoren oder bestimmte Ereignisse, können eine Störung auslösen, selbst bei Menschen, die vorher keine Tendenzen zu Zwangsstörungen gezeigt haben.

Chemisches Ungleichgewicht im Gehirn

Viele Wissenschaftler gehen davon aus, dass für die Entwicklung einer Zwangsstörung in der Hauptsache ein chemisches Ungleichgewicht der Botenstoffe im Gehirn verantwortlich ist. Insbesondere der Neurotransmitter Serotonin, der auch bei der Entstehung von Depressionen eine Rolle spielt, soll sich auf das Entstehen von Zwangsstörungen auswirken. Serotonin beeinflusst und reguliert die Stimmung, den Antrieb und vermittelt Entspannung und Wohlbefinden. Auch auf den Schlaf und unser Angstempfinden hat Serotonin großen Einfluss.

Herrscht ein Ungleichgewicht in unserem Körper, löst das allerlei Beschwerden aus, viele davon psychosomatisch. Studien, die mit Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmern experimentierten, stützen diese Hypothese. Viele Patienten erleben einen Rückgang ihrer Beschwerden, solange sie Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmern nahmen. Beim Absetzen der Tabletten kehrten ihre Zwangssymptome zurück. Medikation ist bei der Behandlung also durchaus hilfreich, muss aber immer von einer Therapie begleitet sein.

Genetische Faktoren – Neigung zum Zwang könnte vererbt sein

Neuste Forschungsergebnisse weisen darauf hin, dass eine Neigung zu zwanghaftem Verhalten durchaus auch genetisch sein könnte. Oft finden sich in der Familie von Betroffenen auch andere Familienmitglieder, die an Zwangsstörungen leiden. Vor allem unser Angstempfinden und unser generelles Verhältnis zur Angst scheint genetisch geprägt. Ob die Krankheit allerdings ausbricht, dazu bedarf es meistens mehr als eine genetische Veranlagung.

Psychologische Ursachen und erlernte Verhaltensweisen

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Zwangsstörungen sind Erkrankungen, die fast immer auf Vermeidung abzielen. Unangenehmes soll vermieden werden und um das zu kontrollieren, entwickelt sich zwanghaftes Verhalten. Erkrankte ohne Therapie verfügen nicht über geeignete Bewältigungsstrategien, um mit ihren unangenehmen Gefühlen und Problemen umzugehen. Oftmals hat es ihnen auch niemand beigebracht. Die Betroffenen waren auf sich alleine gestellt und haben sich deshalb Mechanismen angeeignet, die ihnen kurzzeitig gefühlte Linderung verschaffen, langfristig aber schaden.

Ursachen kennen

Die gute Nachricht ist: Wer das Problem erkennt, kann an seiner Lösung arbeiten. Heute gibt es zahlreiche Möglichkeiten Zwangsstörungen zu behandeln, allerdings sollte die Ursache weitestgehend klar sein. Auch ist es wichtig zu wissen, ob die Krankheit ein Begleitsymptom einer tieferliegenden Erkrankung ist. Geschultes Fachpersonal sollte aber in der Lage sein, dem Patienten oder der Patientin die richtige Diagnose zu stellen und im Anschluss Lösungs- und Behandlungsmöglichkeiten vorzuschlagen.

Auch und gerade für ADHS-Betroffene ist die Chance groß, ihr Leben erfolgreich zu gestalten und zum Besseren zu wenden, nach ihrer Diagnose. Wer sich selbst versteht, Hilfe bekommt und annimmt, der oder die kann von psychischen Krankheiten heilen und die positiven Seiten des ADHS, von denen es unerwartet viele gibt, in den Vordergrund stellen.